Heute war das Radlfahren nur der Auftakt zum eigentlichen Highlight, der Besichtigung des Stifts Melk.
Mit unserem Hotel hatten wir in Bezug auf das Restaurant und vor allem das Zimmer einen Glücksgriff getan. Die Mücken plagten uns allerdings sehr. Vor allem Christina. Obwohl das Frühstück gut war, der Kaffee war es nicht. Na gut. Ab aufs Rad.
Die ersten 20 km war das Donautal sehr eng und Felsen wechselten mit kleinen Dörfchen und der einen oder anderen Burg. Wunderschön. Früher war hier ein gefährlicher Felsen, der einen noch gefährlicheren Strudel verursachte. Den Felsen und den Strudel hat man schon im 18. Jahrhundert entschärft. Den Namen, Strudengau, hat die Gegend noch immer. Es war still und friedlich, denn auf unserer Seite der Donau war praktisch kein Auto.
An einem Stück, das wir auf einer Gemeindestrasse fahren mussten dann ein Schreckmoment. Ein Auto überholte trotz Gegenverkehrs und hätte fast Christina überfahren. Das war knapp.
Wir rollten ansonsten bei leichtem Rückenwind ohne Anstrengung dahin und sausten mit so ungefähr 21 bis 22 Sachen nach Ybbs hinein.
In dem kleinen Städtchen gabs Kaffee, Biokeks aus Sorgum-Hirse und Punschkrapfen ( Für die Quizduellspieler: Das ist der, für den man rosarote Glasur braucht).
In Ybbs bauten sie gerade für das Altstadtfest auf. Der Soundcheck hörte sich an, als würde gleich Metallica auftreten , sehr laut wummernde Bässe ..
Na gut. Wieder ab aufs Rad.
Immer noch mit leichtem Wind und auf bestem Radlfahrerteer ging es weiter nach Pöchlarn. Irgendwann erschreckten uns dann vier laute Explosionen. Christina tippte auf Böllerschützen, ich vermutete eher das Österreichische Bundesheer als Verursacher. Klammheimliche Nachfrage bei Google machten meine Meinung aber ziemlich unwahrscheinlich.
Unser schönes Wegerl war immer noch abwechslungsreich. Wir überquerten Zuflüsse, kurvten auf Gitterbrücken um hohe Felsen und erreichten bald Pöchlarn. Obwohl Pöchlarn genug Werbung mit beispielsweise römischer Vergangenheit machen könnte, bezeichnet es sich als die Nibelungenstadt.
Crashkurs Nibelungen in 30 Sekunden:
Im 5. Jahrhundert wollten die Burgunder unter ihrem Anführer Guntahar (=Gunter) die Schwäche Roms ausnutzen und ihren Machtbereich vergrößern. Darauf hin ließ der römische Kaiser Valentinian III sie durch hunnische Hilfstruppen (Attila=Etzel) fast komplett vernichten.
Das sprach sich rum und es entstanden im Laufe der Jahrhunderte Heldensagen in Deutschland und Skandinavien. Um 1200 entstand in Passau das Nibelungenlied. Siegfried von Xanten (Drachentöter), Hagen von Tronje, sein Mörder, Alberich der Zwerg (=Erfinder der Tarnkappentechnologie und Schatzhüter), Dietrich von Bern (=Theoderich der Große), Kriemhild (Ildico, Nebenfrau Attilas, in Wagners Werken=Gutrune)...und Rüdiger...Markgraf von Pöchlarn.
Handlung: Wenig Sex und viel Crime. Kriemhild, Königstochter von Gunter am Hofe in Worms hätte den Nibelungenschatz kriegen sollen, den Siegfried ihr bringen hätte sollen, der aber von Hagen im Rhein versenkt wurde, wo er heute noch liegt...das gab fürchterliche Rache. Kriemhild hatte ja (Dank des stellvertretend für Attila um ihre Hand anhaltenden Rüdigers) Attilas Söldner, quasi eine antike Wagner-Truppe zur Verfügung. Alle waren dann tot. Kriemhild auch. Und weil sie alle gestorben sind, ist das das Ende vom Exkurs.
Äh ... wo war ich? Pöchlarn, ja
Beim dortigen Billa kauften wir noch Brotzeit.
Dann, ab aufs Rad.
Kurz vor Melk gerieten wir in einen Profi-Angelwettbewerb. Mehrere Dutzend Männer-Paare auf einer Strecke von leicht zwei km starrten verbissen ins Wasser. Wer wohl gewonnen hat?
Dann waren wir nach 50 km in Melk. Ein schönes, altes Städtchen am Fusse des Stifts Melk.
Zimmer bezogen, frisch gemacht und rauf zum Kloster.
Drinnen durften wir nicht fotografieren, aber kein Handy könnte die Eindrücke wiedergeben, die wir dort in uns aufgenommen haben. Das Benediktinerkloster besteht schon rund 1000 Jahre. Die ganze Anlage ist ein Meisterwerk des Hochbarock und gehört zum Unesco-Welterbe. Die Bibliothek mit über 100000 Büchern und die Prunksäle sind für sich allein schon den Eintritt wert. Das Gymnasium ist die älteste Schule Österreichs. Höhepunkt aber ist die Stiftskirche. Ein prunkvolles, architektonisches Juwel des Hochbarock, entstanden in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts.
Als Künstler wirkten hier die besten Köpfe ihrer Zeit. Wie gesagt, prunkvoll.
Ich bin in Kirchen oft sehr berührt und am Nachdenken. Die monumentale Wucht des Doms zu Speyer, die himmelsstrebenden Säulen großer gotischer Kathedralen, das verspielte Rokoko der Wieskirche... oder der überbordene Prunk von Melk, das berührt mich. Aber hätte der Heilige Benedikt mit seinem bescheidenen Lebensansatz ora et labora wirklich so einen Prunk gutgeheissen? Wohl kaum. Ist so eine prunkvolle Geldverschwendung auf Kosten der normalen Leute christlich? Wohl auch kaum. Trotzdem, ein Juwel. Unbedingt besuchen.
Mir ging es aber wie Christina, meine Seele war vom Klostergarten mehr berührt...und von der Sacherschnitte, dem Aperol, dem heißen Toast und dem alkoholfreien Bier unten im Ort.
Jetzt chillen wir in unserer Pension. Nix mehr Fahrrad heute. Wieder ein ganz besonderer, schöner Tag.
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