...nein, nicht verschwand, sondern erlebte, wie 1000 km Radltour einen verändern.
Aber mal von Anfang an.
Eigentlich bin ich gerne körperlich aktiv. Bergtouren, viel im Garten arbeiten, längere Radtouren, das mag ich. Aber wie fast alle Stadt- und Büromenschen der Neuzeit bin ich gezwungenermaßen einer Art Höhlenmenschentum unterworfen.
Zu viel statisch sitzen, nicht verstoffwechselter Stress, Haltungsschäden und viel viel zu wenig Bewegung. Dabei zu viel Essen und zu wenig frische Luft.
Eigentlich ist unsere Säugetiergattung Homo Sapiens darauf optimiert, bei Hitze, Sturm und Regen ständig draussen zu sein. Laufen, gehen, tragen. Sprint und Ausdauer abwechselnd. Jeden Tag. Das ganze Leben lang.
Wenn man nicht gerade so was wie Hochleistungssportler, Postbote oder Buschmann in der Kalahari ist, dann lebt man eigenlich komplett gegen seine Natur.
Genau deshalb simuliert eine Radltour über 1000 km nahezu ohne Pause dem Körper (und der Seele) das eigentlich normale Leben.
Das oft ungläubige Staunen, das wir erfahren haben, kann ich gut verstehen. Aber im Grunde haben wir nur mal ein paar Tage lang dem Körper und der Seele erlaubt, zu (ver)arbeiten.
Was ist passiert?
Nach ein, zwei Tagen war alles wie gewohnt. Beginnender Muskelkater, ein Anflug von Krämpfen in den Adduktoren, geringe Kondition, geringe Leidensfähigkeit. Als Paar/Team mussten wir uns finden und in dieser Situation kennen lernen.
Vom 3. bis 5. Tag merkte ich, der Körper erwartete eine Pause, denn für gewöhnlich bekam er die nach 2 bis 3 Tagen. Diesmal nicht.
Es kamen drei schwere Etappen rauf auf die Rhön und durch Hitze und Gegenwind weit rein nach Hessen.
Zusammen gekämpft, als Team funktioniert, langsam immer besser gewusst, was der andere schafft und wie er tickt. Und der Körper schaffte schon nach einer Woche Steigungen, die wir am Anfang nicht hochradeln hätten können.
An der Weser merkten wir, eine Etappe von 60 km Länge käme uns plötzlich als kurz vor. Dabei ist das ein Mal um den Chiemsee.
Wir radelten Steigungen von 8% nahezu problemlos hinauf, obwohl wir da schon 700 und mehr km in den Beinen hatten. Ich merkte, wie ich jeden Tag mehr Energie bekam und mich rundum wohl fühlte. An Christina bemerkte ich das noch deutlicher. Sie bekam jeden Tag mehr Power.
Unsere heutige Etappe, immerhin auch 60 km, war für uns beide fast wie ein Spaziergang. Klar, die Endorphine halfen kräftig mit. Aber das ist es ja gerade. Bewegung macht stark und glücklich...und ist heilsam.
Die Märchen von Knieproblemen, Nicht-Mehr-Sitzen-Können, nicht genügend Kraft und Ausdauer haben beim Rad fahren, kann man wirklich vergessen. Ganz im Gegenteil: Fast jeder gesunde Mensch könnte sich vermutlich zwei oder drei Wochen aufs Rad setzen oder wandern gehen und würde davon profitieren. Abnehmen wird man eher nicht (zumindest nicht bei meiner Schweinshaxen-Weissbier-Sportlerdiät), aber den Körper umbauen.
Unbedingt nachahmenswert.
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Kranich (Montag, 10 August 2020 21:07)
Herzlichen Glückwunsch, Robert!
Für deine Leistung und die kurzweiligen schönen Berichte. Unbedingt lesenswert!
Regina (Montag, 10 August 2020 21:52)
Alle Hochachtung vor dem was du und Christina erreicht habt� Der beste Beweis dafür was man gemeinsam erreichen kann! Dieses Erlebnis nimmt euch keiner, mehr. LG Regina
Prøps (Montag, 10 August 2020 21:55)
Und wieder wurde an meinem inneren Schweinehund gepiesackt....naja, das Radl steht schon mal in der Garage und bekommt keine eckigen Räder mehr. Irgendwann komm ich auch mal mehr in die Pedale. Sicher nicht 1.000 Kilometer bis nach Hamburg, aber es reicht ja schon mal hier und da das Auto stehen zu lassen und ums Eck zu radeln.
Ihr seid da echte Vorbilder ! Auch für mich.
Patricia (Dienstag, 11 August 2020 23:58)
Ihr Lieben, ich habe mit Interesse und Hochachtung Eure Reise verfolgt. Hut ab! Und wenn Ihr diese Reise überstanden habt, dann werdet Ihr auch die weitere Reise durch Eure Ehe und das Leben meistern! Ich wünsche Euch weiter alles erdenklich Gute!
Christiane Mehrens (Mittwoch, 12 August 2020 10:08)
Liebe Christina und Robert,
ich habe jetzt gestern Nacht den Rest gelesen von Euren Blog und es war als ob man dabei gewesen wäre . Zweimal durfte ich auch am Abend dabei sein ,Danke noch mal dafür .
Mit Uelzen tut mir leid , die besten Jahre hat die Stadt leider gesehen.......
Und leider auch der Hundertwasserbahnhof an Einigen Stellen, aber die Toiletten hab ich auch schon fotografiert:-)))) einfach ein Muß.
Mit dem Radweg ist es so, nicht nur der ist so im Kreis Uelzen, es gibt noch Abenteuerliche .
Ich wünsche Euch einen schönen Tag in Lübeck und einen schönen Ausklang Eurer Fahrradhochzeitsreise.
LG Chris